Bessere Arbeitsbedingungen für alle
Arbeit ist nicht das ganze Leben, aber ihr kommt dennoch ein besonderer Stellenwert zu. Das gilt auch für Menschen mit Behinderungen. Durch den hohen Leistungsanspruch haben viele von ihnen aber im ersten Arbeitsmarkt einen schweren Stand. Die Behindertengleichstellung sorgt dafür, dass die Rahmenbedingungen und Unterstützungsmöglichkeiten generell besser werden. Zudem entstehen durch diese Gleichstellung neue integrative Projekte, die für alle Arbeitnehmer/-innen interessant sind.
In erster Linie befasst sich die Invalidenversicherung mit der beruflichen Integration von Menschen mit Behinderungen. Das Invalidenversicherungsgesetz sieht zahlreiche Unterstützungen vor, die sowohl von den Arbeitnehmenden als auch von den Arbeitgebenden in Anspruch genommen werden können. Neben der Invalidenversicherung springen auch andere Sozialversicherungen, wie etwa die Unfallversicherung, in solchen Fällen ein.
Bauliche Hindernisse und mangelhaft angepasste Arbeitsplätze erschweren allzuoft die Situation von Menschen mit Behinderungen bei der Stellensuche. Wer gehbehindert ist, kann nicht im 5. Stockwerk eines Gebäudes ohne Lift arbeiten; wer sich in einem Rollstuhl fortbewegt, ist auf eine rollstuhlgängige Toilette angewiesen. Um die Situation zu verbessern, verlangt das Behindertengleichstellungsgesetz gezielte behindertengerechte bauliche Massnahmen bei Neu- und Umbauvorhaben von Gebäuden mit mehr als 50 Arbeitsplätzen (einige Kantone gehen hierbei noch weiter). Es werden in diesem Gesetz keine Beispiele genannt und auch keine spezifischen Nutzungen ausgeschlossen. Demzufolge gilt diese Regelung für alle Anlagen, in denen theoretisch Menschen mit Behinderungen arbeiten könnten. Mehr und mehr Bauten mit Arbeitsplätzen werden deshalb hindernisfrei. Davon profitieren alle Arbeitnehmer, so zum Beispiel solche, die aufgrund eines Skiunfalls an Stöcken gehen, oder jene, die starken Rückenschmerzen ausgesetzt sind. Auch dem Unternehmen nützt dies, zum Beispiel beim Transport von schweren Materialien. Zudem kann das Betriebspersonal seine Aufgabe in der Regel besser erfüllen.
Ausser für den baulichen Bereich findet das Behindertengleichstellungsgesetz im Erwerbsbereich keine Anwendung. Nur der Bund als Arbeitgeber wird in die Pflicht genommen, wobei dies nur auf bestimmte Fördermassnahmen beschränkt ist. Rechtsansprüche sieht es keine vor. Laut der Botschaft zum Behindertengleichstellungsgesetz soll der Bund eine Vorbildfunktion ausüben. Er ist daher zu einer behindertenfreundlichen Anstellungspraxis verpflichtet. Der Bund als Arbeitgeber soll alles daransetzen, dass Menschen mit Behinderungen die gleichen Chancen wie Nichtbehinderte haben.
Weiter geht hier die UNO-Behindertenrechtskonvention. Die Vertragsstaaten haben zugesichert, die Verwirklichung des Rechts auf Arbeit durch geeignete Schritte, einschliesslich des Erlasses von Rechtsvorschriften, zu fördern. Damit soll Menschen mit Behinderungen unter anderem der Zugang zu allgemeinen fachlichen und beruflichen Beratungsprogrammen, zur Stellenvermittlung sowie zur Berufsausbildung und Weiterbildung erleichtert werden. Auch die Möglichkeiten für eine Selbständigkeit und Gründung eines eigenen Geschäfts oder eines neuen Unternehmens soll spezifisch gefördert werden. Hier gibt es auch in der Schweiz gute Ansätze. So hat der Bund die Möglichkeit, Pilotprojekte zur Förderung der beruflichen Integration von Menschen mit Behinderungen zu unterstützen. Dadurch sind bereits einige Sozialfirmen entstanden, die von Menschen mit Behinderungen geleitet werden oder in denen eine grosse Anzahl von Menschen mit Behinderungen tätig sind beziehungsweise eine Ausbildung absolvieren können. Auch viele nicht behinderte Personen fanden dort eine neue, ansprechende Tätigkeit.